Gewässerschutz
Der Schutz von Grundwasser und Oberflächengewässern ist gesellschaftlich unverzichtbar und sichert die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser. Der Landwirtschaft kommt beim Gewässerschutz durch Vermeiden von Stoffeinträgen eine wichtige Funktion zu.
Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
Hauptanliegen der WRRL ist ein umfassender, einheitlicher Gewässerschutz in Europa auf hohem Niveau. Der gute Zustand aller Gewässer soll bis spätestens 2027 erreicht werden. Die Beurteilung des jeweiligen Gewässerzustandes beruht dabei auf harmonisierten Bewertungsverfahren, die unter den europäischen Mitgliedsstaaten abgeglichen wurden. Die Umsetzung der WRRL folgt einem sechsjährigen Zyklus. Die ersten Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme aus dem Jahr 2009 wurden überarbeitet, die aktualisierten Pläne und Programme im Dezember 2015 in Kraft gesetzt. Diese gelten bis Ende 2021 als Richtschnur des wasserwirtschaftlichen Handelns.
Jedes Maßnahmenprogramm enthält entsprechend der WRRL „grundlegende Maßnahmen“. Diese beinhalten unabhängig vom Gewässerzustand zu erfüllende gesetzliche Anforderungen wie die Düngeverordnung oder das Pflanzenschutzrecht. Die Ziele der WRRL werden daher durch die aktuelle Novellierung der Düngeverordnung wesentlich unterstützt. Für Gebiete mit hohen Anteilen an Nähr- und Schadstoffeinträgen aus der Landwirtschaft werden in den Maßnahmenprogrammen „ergänzende Maßnahmen“ vorgeschlagen, deren Umsetzung im Rahmen landwirtschaftlicher Programme derzeit auf freiwilliger Basis erfolgt..
Nach den Ergebnissen der aktuellen Gewässerzustandsbeurteilung befinden sich in Bayern insgesamt 194 der 257 oberflächennahen Grundwasserkörper (GWK) in einem „guten chemischen Zustand“. 81 % der GWK erreichen den guten Zustand im Hinblick auf Nitrat und 87 % der GWK in Bezug auf Pflanzenschutzmittel. Bei dem hauptsächlich relevanten Pflanzenschutzmittelwirkstoff Atrazin und seinem Metaboliten Desethylatrazin ist mit dem Verbot von Atrazin bereits die strengste Abhilfemaßnahme getroffen worden. Neben der vorhandenen Grundwasserbelastung mit Atrazin und seinen Abbauprodukten sind im Weiteren vor allem Wirkstoffe und Metabolite von nicht mehr zugelassenen Pflanzenschutzmitteln relevant. Ein Rückgang der Belastungen durch diese Altlasten im Grundwasser ist langfristig zu erwarten. Belastungen mit aktuell zugelassenen und im Einsatz befindlichen Pflanzenschutzmitteln treten nur in Einzelfällen auf. Diese Situation wird auch durch die Beratung für ein wirkstoffbezogenes Risikomanagement zur Vermeidung der Grundwasserbelastung unterstützt.
In Bayern sind 961 berichtspflichtige Oberflächenwasserkörper (OWK) ausgewiesen, davon 913 Flusswasserkörper und 48 Seewasserkörper. Bis zum Jahr 2015 erreichten nur 15 % der Flusswasserkörper den guten ökologischen Zustand bzw. das gute ökologische Potenzial. Bei Seewasserkörpern waren es 56 %. Zur Verbesserung des ökologischen Zustandes der Gewässer sind insbesondere Maßnahmen zur Verringerung von stofflichen Einträgen in die Gewässer (Nährstoffe, Bodenpartikel) sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur und Durchgängigkeit erforderlich.
Das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern vom 24. Juli 2019 verbietet nun grundsätzlich die acker- und gartenbauliche Nutzung in einer Breite von mindestens 5 Metern von der Uferlinie. Auf Grundstücken des Freistaates Bayern an Gewässern erster und zweiter Ordnung beträgt die Breite des Gewässerrandstreifens 10 Meter. Es wird mittelfristig erwartet, dass die Implementierung von Gewässerrandstreifen zu einem Rückgang des Eintrags von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und Nährstoffen in die Oberflächengewässer führt.
Wasserpakt Bayern
Um den Gewässer- und Bodenschutz in Bayern voranzubringen, haben das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) sowie das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) am 22. März 2017 zusammen mit den Landwirten, Wasserversorgern, Verbänden und Institutionen einen Wasserpakt geschlossen. Er enthält konkrete Vereinbarungen und Selbstverpflichtungen der inzwischen 15 Paktpartner, um auf freiwilliger Basis, ergänzend zu den gesetzlichen Vorgaben, schneller eine Verbesserung des Zustandes der bayerischen Gewässer nach der WRRL zu erreichen. Ziel ist, die Stoffeinträge in Oberflächengewässer, vor allem Nitrat und Phosphor, zu minimieren. Das Landwirtschaftsressort hat ein Zehn-Punkte-Programm auf den Weg gebracht und u. a. die Zahl der Wasserberater/innen an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) verdoppelt. Darüber hinaus wurde das bereits 2017 gegründete bayernweite Demonstrationsnetzwerk aus rund 100 landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betrieben, die sich durch besonders gewässerschonende Bewirtschaftungsweisen auszeichnen, in den letzten beiden Jahren weiter etabliert und erfolgreich fortgeführt. Die Betriebsleiter der über ganz Bayern verteilten beispielhaften Betriebe führen in Zusammenarbeit mit den örtlichen ÄELF insbesondere Infoveranstaltungen aber auch zahlreiche Feldbegehungen auf Schauversuchsflächen zum praxisnahen landwirtschaftlichen Gewässerschutz durch. Zielgruppe sind Berufskollegen ebenso wie Auszubildende und Multiplikatoren der interessierten Öffentlichkeit. Die Forschung zur Verbesserung der Gülleausbringung, der Mulchsaat- bzw. Direktsaattechnik, des Erosionsschutzes und zur Optimierung des Stickstoffdünger-Einsatzes wurde weiter intensiviert. Ebenso wurde der Lehrplan des Unterrichtsfaches „Pflanzliche Produktion und Vermarktung“ der Landwirtschaftsschulen, Abteilung Landwirtschaft, noch stärker auf den Wasser- und Bodenschutz hin ausgerichtet und der Anbau alternativer Energiepflanzen wie der „Durchwachsenen Silphie“ intensiviert.
Beratung
Einer der wichtigsten Faktoren für die Umsetzung der ergänzenden Maßnahmen gemäß WRRL ist die Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe in den Maßnahmengebieten (Flussgebietseinheiten Donau, Elbe, Rhein). Die regionalspezifischen Anforderungen der ergänzenden Maßnahmen der WRRL müssen mit dem umfangreichen Angebot und den Bestimmungen der Fördermaßnahmen (Greening der EU-Direktzahlungen, KULAP) in Einklang gebracht werden, um eine gezielte Wirkung erreichen zu können.
Mit dem Wasserpakt wurde 2017 die Beratungskapazität auf 37 speziell geschulte Wasserberater/innen (ab 2020 Gewässerschutzberatung) ausgebaut. Sie informieren vor Ort an den ÄELF über die regionalspezifischen Gewässerqualitäten, gezielte acker- und pflanzenbauliche Gewässerschutzmaßnahmen sowie deren betriebsbezogene Optimierung. Im Jahr 2018 erreichten die Wasserberater/innen in ca. 1 900 Einzelberatungen und 500 Gruppenberatungen über 40 000 Landwirte und stellten in 207 Feldbegehungen vor ca. 6 300 Landwirten Maßnahmen zum Gewässerschutz in der Praxis vor. Durch 40 Presse- und Rundfunkbeiträge wurde aktive Öffentlichkeitsarbeit geleistet und die interessierte Öffentlichkeit über die Aktivitäten der Landwirtschaft im Bereich der gewässerschonenden Landbewirtschaftung informiert. Die erfolgreiche Gewässerschutzberatung wird nach der Verdopplung der Wasserberater im Jahr 2017 im Jahr 2020 weiter ausgebaut und an allen ÄELF als Teil der Allgemeinwohlberatung personell verstärkt.
Der Gewässerschutz stellt auch für den amtlichen Pflanzenschutzdienst einen wichtigen Arbeitsschwerpunkt dar. In Zusammenarbeit mit den Verbundberatungspartnern und der staatlichen Gewässerschutzberatung der ÄELF werden regelmäßig Beratungsunterlagen erstellt und Informationsveranstaltungen durchgeführt. Ziel ist die Aufklärung der Landwirte über relevante Anwendungsbestimmungen und Auflagen zum Schutz von Oberflächengewässern und Grundwasser bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, genauso wie über die technischen Neuerungen bei abdriftmindernden Düsen, Möglichkeiten der Spritzenreinigung bereits auf dem Feld oder das PAMIRA-Rücknahmesystem des Handels für leere Pflanzenschutzmittelverpackungen. Darüber hinaus wird im Rahmen des Pflanzenschutz-Kontrollprogrammes auch die Einhaltung der fachrechtlichen Vorschriften, etwa die Einhaltung von Mindestabständen zu Gewässern, regelmäßig kontrolliert. In Trinkwasserschutzgebieten und Einzugsgebieten von Wasserversorgungen sowie auf grundwassersensiblen Standorten wird von der staatlichen Beratung ein freiwilliger Verzicht auf den Einsatz der versickerungsgefährdeten Pflanzenschutz-Wirkstoffe Chlortoluron, Metazachlor, S-Metolachlor und Terbuthylazin, empfohlen. Das Beratungsprogramm zum Verzicht auf den Einsatz von Terbuthylazin auf Standorten des Jura-Karsts bei der Unkrautbekämpfung im Maisanbau wurde durch die Verzichtsempfehlung auf alle sorptionsschwachen Flächen ausgeweitet. In Abstimmung zwischen Landwirtschafts- und Umweltverwaltung wurde eine Gebietskulisse für den Jura-Karst bis auf die Maßstabsebene der Gemarkungen festgelegt. Das für den gesamten Bereich des Jura-Karsts vorhandene Kartenmaterial ist die Basis für die Beratung und steht neben den amtlichen Stellen auch der Privatberatung von Industrie und Handel und den Landwirten als Online-Angebot zur Verfügung.
Fördermaßnahmen zum Gewässerschutz
Seit 2015 werden mit dem Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) bisherige Maßnahmen zum Gewässerschutz fortgeführt und durch weitere zielgerichtete Maßnahmen ergänzt. Die effektivsten Wirkungen hinsichtlich des Schutzes von Oberflächengewässern und Grundwasser werden im Bereich der Landwirtschaft von folgenden Maßnahmen erwartet:
- Bewirtschaftung nach Kriterien des ökologischen Landbaus,
- extensive Grünlandnutzung in wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten,
- Gewässer- und Erosionsschutzstreifen,
- Winterbegrünung mit Zwischenfrüchten und mit Wildsaaten,
- Mulch-/Streifen-/Direktsaatverfahren bei Reihenkulturen,
- Verzicht auf Intensivfrüchte in wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten,
- Umwandlung von Acker- in Grünland entlang von Gewässern,
- Stilllegung mit gezielter Begrünung oder Blühflächen,
- dauerhafte Anlage von Struktur- und Landschaftselementen als Pufferflächen.
Die Greening-Verpflichtungen hinsichtlich der Bereitstellung von ökologischen Vorrangflächen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik können von den Landwirten u. a. auch in Form von gewässerschonenden Maßnahmen erfüllt werden.
Ende 2018 wurde die Zwischenbilanz für den zweiten Bewirtschaftungszeitraum (2016 bis 2021) gezogen. Sie zeigte, dass bereits an allen Grund- und Oberflächenwasserkörpern in Bayern ergänzende Maßnahmen umgesetzt wurden. Der Maßnahmenumfang beträgt bayernweit in der Summe eine Fläche von 1,3 Mio. ha KULAP- oder ökologische Vorrangflächen, die zur Reduzierung der Nährstoffbelastung beitragen. Bezogen auf die Oberflächenwasserkörper sind dies 1,1 Mio. ha und bezogen auf die Grundwasserkörper 0,54 Mio. ha.
Wasserschutzgebiete
Die Beschaffenheit des Grundwassers als wichtigste Trinkwasserressource in Bayern ist weitgehend sehr gut. Ca. 90 % des Trinkwassers stammen in Bayern aus Grund- und Quellwasser. Probleme mit der Einhaltung von Trinkwassergrenzwerten gibt es in einigen Trinkwassereinzugsgebieten durch Nitrat und Pflanzenschutzmittelrückstände. Hier ist eine noch grundwasserschonendere Landbewirtschaftung in der Fläche notwendig.
Zur Verringerung möglicher Gefährdungen für das Trinkwasser, z. B. bei der Lagerung wassergefährdender Stoffe, bei Verkehrsunfällen, durch Abwasserbehandlungsanlagen oder auch durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Mineraldüngern und Wirtschaftsdüngern ist eine Festsetzung von Wasserschutzgebieten durch den Staat auch künftig unerlässlich. Wasserschutzgebiete sind Instrumente der Vorsorge, die gutes Trinkwasser nachhaltig auch für kommende Generationen schützen sollen. Die Wasserschutzgebiete beschränken sich in Bayern im Wesentlichen auf die besonders empfindlichen Bereiche des Grundwassereinzugsgebietes der jeweiligen Trinkwassergewinnungsanlage. Bayern hat deshalb mit ca. 4,8 % einen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sehr kleinen Anteil von Wasserschutzgebieten an der Landesfläche.
Freiwillige Vereinbarungen mit Grundstücksbesitzern oder Landwirten können Wasserschutzgebiete insgesamt nicht ersetzen, aber eine Alternative oder Ergänzung zu bestimmten Schutzanordnungen im Bereich der Landwirtschaft sein.
Initiative boden:ständig
In der Initiative boden:ständig der Verwaltung für Ländliche Entwicklung werden gemeinsam mit engagierten Landwirten und Gemeinden und den Fachverwaltungen (WWA und ÄELF) gezielt Maßnahmen zum Boden- und Gewässerschutz und zum Wasserrückhalt in der Fläche entwickelt. In den boden:ständig-Projektgebieten engagieren sich Menschen, die vor Ort konkret an der Lösung eines Problems arbeiten wie z. B. lokale Überschwemmungen nach Starkregen, Erosion, Nährstoffeinträge in Seen oder Wassermangel durch extreme Trockenperioden. Landwirte bewirtschaften ihre Flächen so, dass sie Wasser besser speichern können und der Boden dort bleibt, wo er hingehört. Gemeinden und Landwirte engagieren sich gemeinsam, um den Wasserabfluss in der Flur zu bremsen und Wasser in Rückhaltungen zu speichern. Bis Ende 2019 wurden boden:ständig-Projekte bereits in 78 ausgewählten Gebieten Bayerns gestartet.