Naturschutz und Biodiversität
Der Erhalt der Biodiversität und der Schutz der Natur gehören untrennbar zusammen. Landwirte sind unverzichtbare Partner, wenn es darum geht, kulturlandschaftlich geprägte Lebensräume zu pflegen und die Biodiversität zu fördern.
Der Rückgang der Biodiversität stellt ein Risiko für die Stabilität und Funktionsfähigkeit unser Öko- und Agrarökosysteme dar. Als wesentliche Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt nennt der Fortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
- die Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft,
- die Versiegelung von Flächen und den Verlust von naturnahen Flächen,
- Stoffeinträge aus der Atmosphäre und die Veränderung des Klimas,
- die gestiegene Freizeitnutzung der Landschaft und
- die intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Flächen.
Der Farmland-Bird-Index ist ein Indikator für Biodiversität und Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. Er bezieht zehn Vogelarten (Rebhuhn, Kiebitz, Rauchschwalbe, Feldlerche, Wiesenschafstelze, Wiesenpieper, Braunkehlchen, Neuntöter, Goldammer und Bluthänfling) ein, die spezifisch dem Lebensraumtyp „Agrarland“ zugeordnet werden können. Die Bestände dieser charakteristischen Vogelarten sind in den vergangenen 40 Jahren deutlich zurückgegangen. Erst in den letzten rd. 15 Jahren deutet sich eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau an. Eine Trendumkehr ist noch nicht erkennbar.
Farmland-Bird-Index Bayern (100-%-normiert auf BJ 2000) – Schaubild 31 in höherer Auflösung
Forschung, die Förderung von Agrarumweltmaßnahmen, Beratung, sowie gezielte Projekte und gesetzliche Rahmenbedingungen sind wichtige Instrumente zum Erhalt der Biodiversität. Mit den Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ wurden im Jahr 2019 weitere rechtliche Vorgaben festgelegt. Die Etablierung einer Biodiversitätsberatung an den unteren Naturschutzbehörden sowie der Ausweitung der Wildlebensraumberatung auf alle Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) unterstützen die landwirtschaftliche Praxis bei der Umsetzung von biodiversitätsfördernden Maßnahmen.
Forschung
Die Wirkung von Agrarumweltmaßnahmen auf die Biodiversität wurde und wird im Hinblick auf Fauna und Flora in Forschungsprojekten untersucht und optimiert. Laufende Vorhaben untersuchen die Wirkung von Gewässerrandstreifen und Maßnahmen in Grünlandlandschaften auf Insekten und Spinnen.
Am neuen Standort der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Ruhstorf an der Rott werden innovative, umweltverträgliche und an den Klimawandel angepasste landwirtschaftliche Anbauverfahren unter besonderer Berücksichtigung der Biodiversität untersucht und weiterentwickelt.
Monitoring
Mit dem Projekt „Grünlandmonitoring Bayern“ wird eine flächendeckende und detaillierte Datenbasis zur bayerischen Grünlandvegetation geschaffen. Daraus geht u. a. hervor, dass auf unseren Wiesen durchschnittlich ca. 20 Pflanzenarten (pro 25 m2) gefunden werden können. Außerdem wurde ermittelt, dass auf Grünlandschlägen mit KULAP-Maßnahmen sowie insbesondere mit VNP-Maßnahmen höhere Artenzahlen auftreten als auf Schlägen außerhalb dieser Programme. Der zweite Erhebungsdurchgang zeigte, dass die Artenzahlen nochmals zunehmen, wenn die Maßnahmen über mehr als eine Förderperiode beibehalten werden. Der dritte Erhebungsdurchgang läuft derzeit.
Förderprogramme
Im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) im Verantwortungsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) werden gesamtbetriebliche Maßnahmen wie der ökologische Landbau, betriebszweigbezogene Extensivierungen und Fruchtfolgevorgaben sowie einzelflächenbezogene Maßnahmen angeboten. Als besonders wirkungsvoll haben sich die mehrjährigen Blühflächen erwiesen, die auf 14 700 ha (Stand 30. Juni 2019) Lebensräume für Wildtiere in Acker-dominierten Agrarlandschaften schaffen. Ebenso wichtig sind Erhalt und Pflege von artenreichem Grünland, Hecken und Feldgehölzen sowie Streuobst.
Mit dem Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm fördert das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) den Erhalt ökologisch wertvoller Lebensräume, etwa die extensive Ackernutzung für Feldbrüter und Ackerwildkräuter, die extensive Mähnutzung naturschutzfachlich wertvoller Lebensräum oder die Förderung ökologisch wertvoller Teiche mit Verlandungszone.
Im Rahmen der Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) werden insbesondere Maßnahmen der Pflege, Wiederherstellung und Neuschaffung ökologisch wertvoller Lebensräume gefördert. Die Maßnahmen dienen insbesondere dem Aufbau des europäischen Schutzsystems Natura 2000 und des bayerischen Biotopverbunds BayernNetzNatur sowie der Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie.
Qualifizierung zum geprüften Natur- und Landschaftspfleger
Die Fortbildung zum Geprüften Natur- und Landschaftspfleger oder zur Geprüften Natur- und Landschaftspflegerin ist eine Zusatzqualifikation für gut ausgebildete Fachkräfte im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege. Grundlage ist ein Berufsabschluss in einem „grünen“ Ausbildungsberuf, z. B. als Landwirt/Landwirtin, Gärtner/Gärtnerin, Winzer/Winzerin oder Forstwirt/Forstwirtin sowie eine dreijährige Berufserfahrung.
Projekte
Schwerpunktjahre Biodiversität 2019/2020
Biodiversität ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Jeder kann, wenn auch in unterschiedlicher Art und Weise in seinem Lebens- und Wirkungsbereich wertvolle Beiträge zum Erhalt von Lebensräumen und zur Sicherung von Arten erbringen. Um das Bewusstsein dafür zu stärken und jedem einzelnen Handlungswege für mehr Biodiversität aufzuzeigen, hat das StMELF 2019/2020 die Biodiversität als Schwerpunktthema gesetzt.
2019 wurden von den ÄELF sowie den Landesanstalten zahlreiche Aktivitäten und Veranstaltungen für Landwirte, Verbraucher, Kinder und Jugendliche durchgeführt. Die Pflanzaktion sowie der Wettbewerb an Schulen sind nur zwei Beispiele für zahlreiche weitere Aktivitäten, die alle Bereiche unserer Verwaltung von der Bildung über Beratung, Förderung, Forschung und nicht zuletzt dem Dialog mit Gesellschaft und Verbrauchern umfassen.
Erzeugung gestalten, Arten erhalten – Wettbewerb an Landwirtschaftsschulen
Im Rahmen des Wettbewerbs „Biodiversität – Erzeugung gestalten, Arten erhalten“ an den Landwirtschaftsschulen in Bayern setzten Studierende der Landwirtschaft und Hauswirtschaft Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Biodiversität in die Praxis um. Der Dialog mit der Gesellschaft war dabei von zentraler Bedeutung. 12 Fachschulklassen der Landwirtschaftsschulen wurden für ihre innovativen Ansätze und Konzepte und die vorbildliche Umsetzung ausgezeichnet.
Streuobstaktion der Ämter
Streuobstbestände gehören zu den artenreichsten Lebensräumen in Bayern. Rd. 5 000 Tier- und Pflanzenarten kommen dort vor. Im Rahmen der Schwerpunktjahre Biodiversität-Erzeugung gestalten, Arten erhalten wurde mit einer Baumpflanzaktion auf die vielfältigen Leistungen der Streuobstbestände für Natur und Umwelt aufmerksam gemacht. Partner der Aktionen waren Kindergärten, Schulen, Obst- und Gartenbauvereine, der Landesbund für Vogelschutz, der Bund Naturschutz, die Maschinenringe und Imker. Im Rahmen von 66 Veranstaltungen der ÄELF wurden mehr als 900 Streuobstbäume gepflanzt, darunter viele alte und regionale Sorten. Neben dieser einmaligen Aktion koordiniert die LfL jährlich die Aktion Streuobst. Der Streuobstanbau wird durch Förderprogramme unterstützt.
10 Jahre Wiesenmeisterschaft Bayern
Die Wiesenmeisterschaft ist ein von der LfL und dem BUND Naturschutz in Bayern e. V. durchgeführter Wettbewerb, der die Leistungen und das Engagement der Landwirte für die Erhaltung artenreichen Wirtschaftsgrünlandes auszeichnet und einer breiten Öffentlichkeit vorstellt. Prämiert werden Landwirte, die den Aufwuchs arten- und blütenreicher Wiesen im eigenen Betrieb nutzen. Sie erbringen eine besonders wertvolle Leistung für die Allgemeinheit und gestalten so eine attraktive Kulturlandschaft mit.
Zum zehnjährigen Jubiläum fand am StMELF das Symposium „Zehn Jahre Wiesenmeisterschaft in Bayern“ statt. In der LfL-Information „Bayerische Wiesenmeisterschaften – Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand“ sind die Projekte und Erfahrungen der Teilnehmer veröffentlicht.
Ausgezeichneter Naturgarten – Bayern blüht
Um die Biodiversität und damit die Artenvielfalt in Haus- und Kleingärten zu erhöhen, wurde erstmals im Jahr 2018 die Zertifizierung von Privatgärten als „Naturgarten – Bayern blüht“ initiiert. Gemeinsam mit der Bayerischen Gartenakademie an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) und der Landesvereinigung Gartenbau Bayern e. V., wurde die Zertifizierung als Pilotprojekt in Niederbayern begonnen und im Jahr 2019 auf ganz Bayern ausgeweitet.
Gärten sollen vielfältig, biologisch und nach dem Vorbild der Natur bewirtschaftet werden. Dann förderten sie Tiere, sind Ort der Entspannung und des Rückzugs. Um die Auszeichnung zu erhalten verzichten Gartenbesitzer unter anderem auf Pflanzenschutzmittel und chemisch-synthetischen Dünger und verwenden keine torfhaltigen Substrate zur Bodenverbesserung. Darüber hinaus setzen sich die Gartenbesitzer durch die Gestaltung von Naturgartenelementen und durch eine umweltfreundliche Bewirtschaftung aktiv für einen vielfältigen und belebten Haus- und Kleingarten ein.
Zertifizierte Gartenbesitzer dürfen ihren Gartenzaun mit der bayerischen Plakette schmücken.
Seit dem Start der Naturgartenzertifizierung im Jahr 2018 haben sich bayernweit bereits über 120 Gärten als ausgezeichneter Naturgarten zertifizieren lassen.
Die Auszeichnung als „Naturgarten“ ist eine Gemeinschaftsaktion mit der Landesvereinigung Gartenbau Bayern e. V. unter der Dachmarke „Bayern blüht“. Zukünftig werden sich auch bayerische Kleingärtner und ganze Kleingartenanlagen, koordiniert durch den Landesverband Bayerischer Kleingärtner (LBK), zertifizieren lassen können.
Weiterführende Hinweise zum „Naturgarten – Bayern blüht“ finden Sie hier.